Urlaub an der deutschen Nordseeküste erfreut sich wachsender Beliebtheit. Besonders Deutsche kommen gerne in die beschaulichen Orte an der Nordsee. Hier genießen sie das milde Klima und die Weite des Wattenmeeres bei langen Strandspaziergängen und stetem Wind. Die Landschaft und ihre Bewohner sind durch das Leben an der Küste geprägt und haben so manche liebenswürdige Angewohnheit entwickelt.
Abseits der üblichen Urlaubsorte lohnt sich ein Abstecher in kleinere Dörfer und Städte im Binnenland. Zunächst ist es sinnvoll, sich auf einer Landkarte der Nordsee einen Überblick zu verschaffen. Die deutsche Nordsee zieht sich durch die Bundesländer Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Dabei unterteilt man in Ostfriesland und Nordfriesland.
Auf der Nordsee Landkarte beginnt die Reise im Westen Niedersachsens in Pilsum, einem kleinen Ort unweit der Stadt Leer nahe der Grenze zu den Niederlanden. Pilsum liegt in Ostfriesland und ist daher durch die friesische Kultur geprägt. Das äußert sich im Baustil der Häuser bis zur Kultur des Teetrinkens und dem Genießen von Klüntjes, das sind grobe Kandisstücke, mit denen der Tee gesüßt wird. Der Grog, ein Gemisch aus heißem Wasser und aromatischem Rum, das selbst an stürmischen Herbsttagen nach langen Strandspaziergängen wärmt, gehört ebenso unverzichtbar zur friesischen Kultur.
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Das Wahrzeichen von Pilsum: der bunte Leuchtturm
Wahrzeichen des Ortes ist der markante Leuchtturm. Er wurde im 19. Jahrhundert erbaut und besteht komplett aus Eisen. Er ist gelb und rot geringelt mit einem weithin sichtbaren Spitzdach. Spätestens seit 1989 ist er den meisten Deutschen bekannt, denn in dem Film von Otto Waalkes „Otto – der Außerfriesische“ diente er als Wohnort, des von Otto gespielten Ostfriesen. Neben diesem bekannten Wahrzeichen befindet sich im Zentrum von Pilsum die einschiffige Kreuzkirche mit dem Vierungsturm.
Sie wurde im 12. Jahrhundert erbaut und man nimmt an, dass sie unter normannischem Einfluss gebaut wurde. Sie diente über die Jahrhunderte nicht nur als Hort Gottes, sondern auch als Seezeichen und Beobachtungswarte. In ihrem Inneren gibt es eine Orgel von 1694 und ein sehr schönes Taufbecken aus einem Bronzeguss zu bestaunen.
Pilsum: Ein Ort mit Historie
Pilsum ist ein Runddorf, das auf einer künstlich angelegten Warft, einer Erhebung, liegt. Es liegt etwa 2 Kilometer südlich der Nordseeküste und ist ein Dorf, das zur Gemeinde Krummhörn (mehr Infos hier) in Niedersachsen gehört. Wie überall, in Ostfriesland spielten die vielen Gräben und Kanäle, die die Landschaft durchziehen, eine wichtige historische Rolle. Sie dienten neben der Entwässerung, der trotzig dem Meer abgerungenen Gebiete, hauptsächlich als Verkehrswege für die typischen Loogschiffe.
Das sind kleine Schiffe, die flach im Wasser liegen und daher bestens geeignet sind, um Waren und Vieh zu transportieren. Das Dorf ist durchzogen von verwinkelten Gassen und wird dominiert von einzeln stehenden Gulfhöfen und kleinen Landarbeiterhäuschen. Der hier abgebaute Torf war einst wichtigster Brennstoff auf dem Krummhörn gennannten Landstrich an der Ems nahe der Grenze zu den Niederlanden. Heute gewinnt man Energie im nahe gelegenen Windpark.
Darüber hinaus war Pilsum einst Sitz eines mächtigen Friesenhäuptlings. In der Beningaburg residierte der Friesen-Häuptling Affo Beninga, bis im Jahr 1407 Hamburger seine Burg zerstörten, weil er mit den Vitalienbrüdern um Klaus Störtebeker regen Kontakt unterhielt.
Nordsee Info: Pogum als Reiseziel
Auf der Reise durch die kleineren Ortschaften Ostfrieslands führt die nächste Station nach Pogum. Die etwa 30 Kilometer ab Pilsum sind per Fahrrad oder für geübte Wanderer leicht zu bewältigen. Wer es bequemer mag, nimmt den Bus oder das Auto. Der kleine Ort liegt genau gegenüber dem Hafen der Stadt Emden in der Emsmündung im Dollart. Pogum wird im Volksmund „das Ende der Welt“ genannt, weil genau hier, an der nördlichsten Stelle des Rheiderlands, die Straße endete.
Auf den Landkarten der Nordseeküste lässt sich das auch heute noch ohne weiteres nachvollziehen. Pogum zählt heute etwa 225 Einwohner und verfügt über einen kleinen Hafen. Das flache Land liegt nur knapp 1 Meter über Normalnull und wurde bereits im 14. Jahrhundert zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Sehenswert ist die Pogumer Kirche, die 1776 erbaut wurde. Sie beherbergt zwei faszinierende Grabplatten aus dem 11. Jahrhundert, die wahrscheinlich die ältesten Sakralzeugnisse Ostfrieslands darstellen.
Auch diese Kirche verfügt über eine Orgel mit sechs Registern aus dem Jahr 1759. Über die Region hinaus bekannt ist Pogum für das alljährlich stattfindende Kreierrennen. Kreier sind eine Art Schlickschlitten, die in früheren Zeiten bei der Reusenfischerei im Dollart sinnvolle Verwendung fanden.
Und weiter Richtung Norden in die Hagermarsch
Nach diesem kleinen Abstecher geht es Richtung Küste gen Norden. Etwa 1 Kilometer östlich von Norden liegt die Hagermarsch, die mit ihren Ortschaften zur Samtgemeinde Hage gehört. Zwischen den Ortsteilen Junkersrott und Neßmersiel liegt die kleinste Gemeinde im Landkreis Aurich direkt an der Nordsee: Theener. Hier befindet sich die letzte natürliche und unveränderte Badestelle der gesamten ostfriesischen Nordseeküste.
Wenn man auf dem Deich in Theener steht, kann man in der Ferne die beiden vorgelagerten Ostfriesischen Inseln Baltrum und Norderney erkennen. Zwischen Theener und den Inseln liegt das Weltnaturerbe und Naturschutzgebiet Wattenmeer. Bei ausgedehnten Wattwanderungen, langen Strandspaziergängen und Wanderungen durch Wald und Wiesen kann man die herrliche und einzigartige Landschaft erkunden und sich mal so richtig durchpusten lassen. Bauernhöfe in direkter Nachbarschaft bieten heimelige Unterkünfte und unvergesslichen Familienurlaub auf dem Bauernhof.
Ausflugsideen rund um Theener
Bei schlechtem Wetter kann man im circa 3 Kilometer entfernten Neßmersiel Motorrad-und Auto- Fahrsimulatoren ausprobieren, oder sich beim Hüpfen auf dem Indoor-Trampolin vergnügen. Im näheren Umkreis von Theener findet man das Erlebnis-Meerwasserbad „Ocean Wave“ und das Freibad Kiessee in Hage Berum.
In Greetsiel, etwa 10 Kilometer entfernt, kann man das Comicmuseum besuchen. Auf den gut ausgebauten Straßen und Wegen kann man ideal wandern, Rad fahren oder inlinern. In Norddeich lockt ein Besuch der Seehundaufzuchtstation, hier erfährt man alles über die Geheimnisse der größten Bewohner des Wattenmeeres. Ausflüge mit dem Schiff zu den Seehundbänken sind für Kinder sicher ein unvergessliches Erlebnis.
Bei kalter Witterung lohnt sich ebenso ein Besuch des Waloseums in Norden. Hier gibt es das riesige Skelett eines Pottwals zu bestaunen und Wissenswertes über die Vögel im Naturschutzgebiet Wattenmeer zu erfahren. Auf diese Weise bekommt man spielerisch Info zur Nordsee. Wer gerne in freier Natur aktiv ist, sollte die Golfanlage Schloss Lütetsburg besuchen. Hier kann nach Herzenslust auf über 600.000 Quadratmetern am Handicap gefeilt werden.
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An der Küste entlang zum Wangerland
Von Theener geht es nun circa 50 Kilometer entlang der Küste weiter nach Friederikensiel. Der kleine Ortsteil der Gemeinde Wangerland in Friesland liegt etwa 1 Kilometer von der Nordseeküste entfernt. Der Ortsteil entstand im Jahr 1721 und wurde nach der Fürst-Gemahlin Hedwig Friederike von Württemberg-Weiltingen benannt. Der Friederikengroden wurde eingedeicht und ein kleiner Hafen angelegt, der allerdings 1758 vollständig aufgegeben wurde, da er verlandete.
Wenn man auf dem Deich steht, kann man die Insel Wangerooge sehen. Sie ist ein lohnenswertes Ziel für einen Tagesbesuch, ab dem kleinen Hafen in Harlesiel setzt die Fähre nach Wangerooge über. Da die Fähren zu den Ostfriesischen Inseln tideabhängig, das heißt abhängig von Ebbe und Flut fahren, sollte man unbedingt den Tidekalender beachten. Geschichtsinteressierte sollten einen Abstecher zum Friederikenvorwerk machen. Hier kann man ein historisches Eingangsportal von 1738 bestaunen.
In der Nähe von Friederikensiel gibt es mehrere Badestellen und Strände. Am Strand von Schillig in Horumersiel gibt es dazu noch einen großen Spielplatz, auf dem sich Kinder stundenlang austoben können. Wer auch dann baden möchte, wenn sich das Meer bei Ebbe zurückgezogen hat und der Meeresboden als Watt freiliegt, kann das Binnengewässer Hooksmeer besuchen. Am Hooksmeer kann man unter idealen Bedingungen das Surfen erlernen, Wasserski fahren, oder einfach nur gemütlich in der Sonne liegen.
Eine Radtour nach Tettens unternehmen
Interessant ist auch ein Ausflug nach Tettens. Die 11,4 Kilometer ab Friederikensiel bieten sich für eine kleine Radtour an, die auf dem flachen Land Ostfrieslands garantiert auch für ungeübte Radler leicht zu schaffen ist. Der kleine Ort liegt 7,5 Kilometer von der oldenburgischen Nordseeküste entfernt und gehört zur Gemeinde Wangerland. Er setzt sich aus mehreren Ortsteilen zusammen.
Die 1210 erbaute Martinskirche ist Wahrzeichen des kleinen Orts. Sie steht auf einer Warft und besteht aus Granit. Der markante Glockenturm aus Backstein wurde um 1500 angebaut. Er besitzt ein achteckiges Dach aus Schiefer. Im 19. Jahrhundert drohte der Turm einzustürzen und wurde deshalb mit Stützpfeilern gesichert. Zu den Attraktionen der kleinen Siedlung zählt daneben das Freibad Tettens. Es liegt am Ortsrand und der Besuch ist kostenfrei.
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Sillens: Kleiner Ort am Jadebusen
Von Friederikensiel geht es weiter nach Sillens. Die Strecke beträgt etwa 80 Kilometer und führt über Wilhelmshaven und Varel rund um den Jadebusen, bis man oben angekommen Sillens erreicht. Die kleine Ortschaft liegt etwa 1 Kilometer von der Nordseeküste an der Weser Mündung entfernt. Sillens liegt nur wenige Gehminuten von Burhave entfernt und blickt auf eine lange Geschichte zurück. Die Siedlung wurde auf einer 2000 Jahre alten Erhebung errichtet, die man Wurft nennt. Sillens ist vor allem durch seine ländliche Atmosphäre und vereinzelte Bauern- und Gutshöfe geprägt. Es bieten sich lange Radtouren und Spaziergänge durch Wiesen und Wälder und an der Nordsee an.
Von Ostfriesland nach Nordfriesland
Wer lieber Nordfriesland besuchen möchte, macht einen Ausflug nach Süderhafen in Nordstrand im Bundesland Schleswig-Holstein. Hier sind die Küste, der Wind und die See noch etwas rauer, weil der Schutz der vorgelagerten Inseln fehlt. Der Hafen wurde 1867 fertig gestellt und wurde einst für den Warenverkehr mit Husum angelegt. Heute finden sich Töpfereien und Werkstätten für Kunsthandwerk in dem beschaulichen Hafenort.
In erster Linie findet man in den Orten Ost- und Nordfrieslands Ruhe und Erholung. Die Weite der Landschaft und der Wind machen den Kopf frei. Besonders Allergiker fühlen sich im angenehmen Reizklima der Nordsee wohl. Die salzhaltigen Aerosole in der Luft lindern Beschwerden und durch den Wind, der meistens vom Meer her weht, gibt es hier kaum Pollen, so dass Allergiker selbst im Hochsommer beschwerdefrei sind.
Bildquelle Titelbild: ARPICTURES – Shutterstock
Hannah Meier
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